Geleit


Das folgende Grußwort zum 210. Stiftungsfest (2002) des damaligen Schwelmer Bürgermeisters bringt immer noch gut auf den Punkt, was unsere Loge ausmacht:

Sehr geehrte Mitglieder der Johannis-Loge „Zum Westfälischen Löwen“,

zum 210. Stiftungsfest der Johannis-Loge „Zum Westfälischen Löwen“ – einer der ältesten Logen überhaupt – spreche ich Ihnen die herzlichen Grüße von Rat und Verwaltung der Stadt Schwelm aus. Es ist etwas Besonderes, wenn in einer Stadt ein Verein über mehr als 200 Jahrhunderte aktiv ist, und Ihre Loge ist der älteste Verein Schwelms. Die Geschichte dieser Loge spiegelt damit auch die Geschichte unserer Stadt wider, so weit die Tugend der Verschwiegenheit das Wirken der Bruderschaft vor den Blick der Öffentlichkeit führen durfte und darf.

Zwar sind Logen, formal betrachtet, Vereine im herkömmlichen Sinn. Und ganz sicher wehren sich Freimaurer zu Recht gegen eine überkommende Rezeption, die ihnen das leicht in die Fremdheit und Ausgrenzung führende Bild einer geheimbündlerischen Bruderschaft anlastet. Und doch, das lässt sich nicht leugnen, stehen Logen für eine nicht alltägliche Form der Gemeinschaft.

Logenbrüder kommen nicht zusammen, um in Gemeinschaft ein Hobby auszuleben oder eine spezielle sportliche, kulturelle oder soziale Tätigkeit auszuüben. Freimaurer verfolgen als Ziel die Gestaltung einer Welt, die Menschenrechte und Menschenwürde garantiert, die für Friede und Toleranz steht. Dies humanistische Ideal klagen sie nicht leidenschaftlich bei den politischen Instanzen unserer Welt ein. Vielmehr beginnen sie mit der langen und mühevollen Arbeit an der Vervollkommnung der Welt bei sich selbst, sehen sich als einzelne Steine beim Tempelbau einer besseren Menschheit. Der Logenbruder geht in sich, findet Orientierung in der Ausübung der Rituale, im Wissen um die Tradition seiner Loge und in der Verschwiegenheit, die Erkenntnis nicht auf den Markt trägt, sondern sie lebt.

Die ungeheure Erkenntnis, dass der einzelne die Freiheit besitzt, sich zu ändern und damit anderen ein Vorbild zu sein, verpflichtet. Dies um so mehr in einer Gegenwart, die schnelleren Veränderungsschüben ausgesetzt ist als die Epochen zuvor. Die Dynamisierung unserer Zeit und die stetige Zunahme an Wissen lassen nicht wenige Menschen nicht mehr zur Ruhe kommen. Die Ausübung von festen Formen, Werten und Traditionen wird zunehmend schwieriger; Moden auf jedem Gebiet versprechen wechselnde Identitäten, eine grundsätzlich Stabilität kommt abhanden, und ein fatales anything goes führt zu Fehleinschätzungen des Menschen über sich und seine Möglichkeiten. Quer zu dieser Entwicklung leben Freimaurer vor, dass Selbsterziehung das eigene Leben und damit die Gesellschaft ordnen und harmonisieren kann. Dies ist nichts weniger, als die Übernahme von Verantwortung für den Zustand unserer Welt.

Mit freundlichem Gruß
Dr. Jürgen Steinrücke